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Artikel, KeramikMagazinEuropa 5.06

Carola Gänsslen


Bei der Keramik bin ich fast zufällig gelandet. Ich habe nach dem Abitur eine Lehre gemacht in der Töpferei von Fritz Göllner. Um ehrlich zu sein, das Erdige zog mich gar nicht so an. Mir schien die Lehre eher eine Zwischenstation. Ich wollte Design studieren oder vielleicht Malerei. Aber dann habe ich die Farben entdeckt. Das war wirklich eine Entdeckung, denn damals machte überhaupt kein Mensch bunte Keramik. Mit den Farben hat es bei mir gefunkt. Ich ging auf die Fachhochschule für Keramikgestaltung in Höhr-Grenzhausen, 1989 machte ich dort meinen Abschluss. Dass ich gleich auf die Frankfurter Messe gegangen bin und nicht versucht habe, meine Ware auf Töpfermärkten zu verkaufen, war die zweite zündende Idee. Ein One-Woman-Atelier, mit ausgefallenen Stücken, bei denen nie eins dem anderen gleicht, das passte für Galeristen oder Händler. Dabei bin ich bis heute geblieben.

Die Keramik erlaubt mir eine freie Arbeitsweise. Anfangs habe ich viel experimentiert. Über die Jahre bin ich ruhiger geworden. Ich habe für mich Standards entwickelt, eine Art Basis, von der aus neue Muster entstehen. Ich arbeite Tag für Tag. Und eins entwickelt sich aus dem anderen. In diesem Sinn gebe ich eigentlich auch keine neuen Kollektionen heraus. Das Neue passiert da, wo ich schon lange etwas gemacht habe.

Aus meiner Experimentierlust sind ganz eigene Muster und Techniken entstanden. Wenn ich zum Beispiel übereinandermale, werden die Farben nach dem Brennen wie durchsichtig. Auf den ersten Blick sieht mein Geschirr dann wie Porzellan aus, manchmal sogar fast wie Glas. Interessant finde ich, dass Kritiker, Interessenten, Kunden meine Arbeiten gerne mit exotischen Stücken vergleichen. Mal sagen sie, das

sieht mexikanisch aus, mal, dass es sie an asiatische Arbeiten erinnert. Das geht so rund um den Globus. Ich verkaufe auch in Kuwait, in Dubai oder in den USA. Da gelten meine Keramiken allerdings als ausgesprochen europäisch.

Ich habe nie ein komplettes Service gemacht. Meine Teile sind eher Variationen, die Tassen zum Beispiel oder Einzelstücke, die mit anderen kombiniert werden. Wenn ich einen festlichen Tisch decke, nehme ich das weiße Porzellan meiner Mutter und stelle ein paar große und kleine Schalen dazu - oder die Dessertteller. Vielleicht könnte man die Sachen auch mit Glas kombinieren. Für ein komplettes Gedeck habe gar nicht genug Teile im Haus. Bei mir im Schrank stehen bloß einige Lieblingsstücke, ansonsten Sammlerstücke anderer Künstler aus Glas und Keramik. Was meine eigene Arbeiten angeht: Ich sammele nicht, ich dokumentiere nicht. Was gemacht ist, ist fertig. Und das muss aus dem Haus. Ich bin richtig erleichtert, wenn alles weg ist. Selbst Stücke, die mir gut gefallen, möchte ich nicht behalten. Ich bin erst richtig froh, wenn auch die verpackt und verschickt sind.

Gerade arbeite ich an Kannen. Die Grundidee ist, ein größeres, einfaches Gefäß zu entwerfen. Die Form ist für meine bunten Dekors sehr wichtig, Kleinteiligkeit zum Beispiel lenkt nur ab. Im August ist wieder Messe in Frankfurt. Zum Glück kann ich mich mittlerweile darauf verlassen, vor dieser Messe einen kreativen Schub zu haben. Das war bislang immer so. Es scheint fast, als würden meine Gehirnzellen schneller, je mehr ich arbeite. Meine Lieblingsfarbe ist übrigens Türkis-Blau, obwohl ich in meiner Arbeit so viel Rot und Orange verwende. Mir wird es mittlerweile sogar oft zu rot, aber auch das ändert sich. Das Neue kommt bei mir schließlich erst da, wo ich schon lange etwas gemacht habe.